Nachdem ich im November wie wild geschrieben habe, um mein Ziel von 50.000 Wörtern zu erreichen, geht es nun deutlich geruhsamer zu. Ich sortiere, recherchiere, plane. Andere Leute machen das, bevor sie mit einem Projekt beginnen, ich fange damit immer erst an, wenn ich mittendrin stecke. Zuerst ist eine Idee im Kopf. Dann experimentiere ich ein bisschen rum, schreibe erste Szenen und versuche, die passende Sprache und Erzählform für die Geschichte zu finden. Das ist pure Anarchie, und ich liebe es.
Durch den Druck des NaNoWriMo habe ich diesmal recht viel drauflos geschrieben, bevor es an die Planung ging. Der Vorteil ist aber, dass ich nun schon eine sehr genaue Vorstellung davon habe, wo die Reise hingeht. Und außerdem hat sich die Geschichte bereits in eine Richtung entwickelt, die ich gar nicht beabsichtigt hatte. Eine Figur, die ursprünglich nur als Nebenfigur gedacht war, nimmt nämlich sehr viel mehr Raum ein. Aber die Erzählstimme dieser Figur ist so kraftvoll und ihre Szenen sind so lebendig, dass ich gar nicht anders kann, als ihr nun mehr Platz in der Geschichte zu gewähren. Das sind die Überraschungen, die man erlebt, wenn man planlos vorgeht, und das finde ich sehr reizvoll.
Was heißt nun „Planung“? Es bedeutet, dass ich die Reihenfolge der Ereignisse festlege und einen genauen Zeitplan erstelle – so genau, dass ich Wochentage notiere und recherchiere, wie das Wetter an jenem Tag war und ob es in dieser Zeit bedeutende politische oder gesellschaftliche Ereignisse gab. Das fließt nachher alles gar nicht so konkret in die Geschichte ein, ich benötige es nur als Hintergrundwissen, damit ich das Setting in meinem Kopf möglichst genau gestalten kann. „Planung“ bedeutet auch, dass ich Szenen chronologisch anordne. Manches ergibt sich automatisch aus der Handlung: auf Verlieben folgt Heiraten, nicht umgekehrt (jedenfalls normalerweise). Es gibt aber auch Szenen, die ich flexibel einsetzen kann, die am Anfang der Geschichte genauso gut passen wie in der Mitte oder gegen Ende. Da gilt es, abzuwägen und auszuprobieren, wie es sich am besten anfühlt.
Die Planungsphase ist für mich das ungeliebte Kind im Entstehungsprozess eines Buches. Ich muss mich jedes Mal aufs Neue dazu überwinden, aber ohne geht es nicht. Immer dann, wenn ich in eine Sackgasse gerannt bin und merke, dass ich nicht weiter weiß, ist es Zeit, einen Schritt zurückzutreten und die Gesamtheit der Geschichte in Augenschein zu nehmen. An diesem Punkt befinde ich mich jetzt. Einige Lücken konnte ich inzwischen füllen, andere sind immer noch offen. Es gibt mehrere große Fragezeichen, die an mir nagen und mir schlaflose Nächte bereiten. Wenn ich sie gelöst habe, wird alles wie von selbst laufen, das weiß ich. Aber bis dahin stecke ich fest in diesem Chaos, in dem ich zwar viele Möglichkeiten sehe, mich aber nicht entscheiden kann, wo die Reise hingehen soll.
Zu guter Letzt die gute Nachricht für alle „Ebbe und Glut“-Fans: In der Geschichte, mit der ich gerade so ringe, wird es ein Wiedersehen mit etlichen Figuren aus „Ebbe und Glut“ geben. Wenngleich auch ganz anders, als ich selbst ursprünglich dachte.