Pizza Salami – 7

zum 1. Teil

Robert schmerzte der Magen. Er wusste nicht mehr, ob das davon kam, dass er zu viel oder zu wenig gegessen hatte. Er wollte nur diese grauenvolle Leere loswerden. Also aß er weiter. Pizza Hawaii stand nun auf dem Programm.
»Es gibt heute was Indisches.«
Marianne häufte ihm Basmatireis auf den Teller und gab Spinat mit Ananas und Nüssen darüber. Sie sah blass aus und müde. Als sie ihren Teller erst halb leer gegessen hatte, hörte sie auf.
»Mir ist irgendwie nicht gut«, sagte sie und legte sich bald darauf ins Bett.
Die Übelkeit nahm in den nächsten Tagen zu. Marianne ging zum Arzt. Robert vermutete, dass sie schwanger sei und eine unbändige Freude erfüllte ihn. Doch als Marianne vom Arzt zurückkehrte, verwandelte sich die Freude in Ratlosigkeit und Sorge.
Robert würgte. Die Ananas auf der Pizza Hawaii war trocken und holzig. Der Schinken schmeckte wie Schuhsohle. Robert ließ die halbe Pizza liegen. Vielleicht würde es mit den Vier Jahreszeiten besser werden. Auf dieser Pizza war jedes Viertel anders belegt. Noch einmal gab es Salami und Thunfisch, dazu kamen Spinat und Champignons. Robert stopfte sich die Jahreszeiten durcheinander in den Mund. Auf einen Bissen Spinat folgte ein Happen Thunfisch.
Damals war auch alles durcheinander geraten. In jeder Jahreszeit war etwas Neues passiert. Im Sommer kam endlich die richtige Diagnose, spät, aber nicht zu spät, wie die Ärzte versicherten, im Herbst schlug die Chemotherapie an und es gab Besserung und Hoffnung, der Winter war grauenvoll, kalt, düster, beängstigend. Und im Frühling, als alle Welt wieder zu neuem Leben erwachte, war Marianne ausgelaugt und kraftlos.
Sie starb an einem Tag im April, an dem es sommerlich warm war und die Menschen in den Straßencafés und Biergärten die Sonne genossen. Robert hingegen hatte Mariannes Hand gehalten, die langsam immer kälter wurde. Irgendwann hatte die Kälte auch von ihm Besitz ergriffen, von seinen Händen, seinen Füßen, seinem Herzen.

Fortsetzung folgt …

Pizza Salami – 6

Zum 1. Teil

Doch dann geschah etwas Merkwürdiges. Robert schmeckte auf einmal die Pizza. Er schmeckte die fettige Salami, den billigen Käse, die viel zu salzige Tomatensoße. Er musste aufstoßen.
Plötzlich stieg ihm der würzige Duft einer luftgetrockneten Rindersalami in die Nase, die in der Vorratskammer von der Decke baumelte.
»Und bring bitte noch die Flasche mit dem Kräuteröl mit«, hörte er Marianne sagen.
Er nahm die Wurst vom Haken und die Flasche, in der in feinem Olivenöl Rosmarin- und Thymianzweige schwammen, aus dem Regal. Marianne goss das Öl über den grünen Salat und schnitt das Brot an. Er liebte den Duft dieses frisch gebackenen, noch warmen Brotes. Er liebte auch diese Stunden inniger Zweisamkeit, in denen sie aßen, redeten und Pläne schmiedeten.
»Zwei Kinder wären schön«, sagte Marianne.
»Drei wären noch schöner«, entgegnete Robert und schob ihr ein Stück reifen, kräftigen Pecorino in den Mund. Sie lachte voller Glück.
»Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.«
In den Duft des Brotes mischte sich der Duft ihres Haares, als er sein Gesicht darin vergrub.

Er hatte die Pizza aufgegessen. Aber Robert war immer noch nicht satt. Einen derartigen Hunger hatte er seit Jahren nicht mehr verspürt. Er ging in die Küche und schob eine Pizza Thunfisch in den Ofen.
Sie waren im Schwarzwald bei Mariannes Eltern. Es gab gegrillte Forellen, frisch gefangen im Bach, der durch den kleinen Ort floss. Robert hatte sie mit seinem Schwiegervater selbst geangelt. Er hatte keine Ahnung vom Angeln und wäre beinah in den Bach gefallen. Marianne lachte über seine Geschichten, während sie mit ihrer Mutter die Forellen in Alufolie wickelte und in den Backofen schob. Er lehnte an der Küchentür, schaute ihr zu und fühlte sich so geborgen wie selten zuvor in seinem Leben.

Teil 7

Pizza Salami – 5

zum 1. Teil

Normalerweise bestand Robert Krämers Abendessen aus einem Schinkenbrötchen, das er sich auf dem Weg vom Büro in der Bahnhofsbäckerei kaufte und in der S-Bahn verzehrte. Zuhause aß er nichts mehr. Doch jetzt verspürte er plötzlich Hunger. Robert schüttelte erstaunt den Kopf und vertiefte sich mit noch mehr Konzentration in die Krimihandlung. Aber dann knurrte sein Magen so laut, dass selbst das Geplapper aus dem Fernseher nicht half, die Zeichen zu ignorieren. Verwundert ging Robert in die Küche und schaute sich ratlos um. Seine gesamten Essensvorräte beschränkten sich auf Pizza. Zögernd holte er eine Pizza Salami aus dem Gefrierschrank und schob sie in den Ofen. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals an einem Freitagabend eine Pizza Salami gegessen zu haben, selbst in seinem Urlaub nicht.
Als die Pizza fertig war, legte Robert sie auf einen Teller, teilte sie in Achtel und setzte sich zurück aufs Sofa vor den Fernseher, wo er den Teller auf den Knien balancierte. Wie immer schob er sich Stück um Stück in den Mund, ohne darauf zu achten, was er aß. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Krimi im Fernsehen.

Teil 6

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Pizza Salami – 4

zum 1. Teil

Zuhause verstaute Robert die Pappkartons mit den Pizzen im Gefrierschrank. Dabei fiel ihm auf, dass er über Karins plötzlichem Erscheinen das Toastbrot vollkommen vergessen hatte. Er fühlte sich unendlich müde und erschöpft.
»Liebe geht durch den Magen«, hatte er einmal zu Marianne gesagt, nachdem er eine extragroße Portion Tiramisu verdrückt hatte. Marianne konnte die besten Süßspeisen zubereiten, die Robert jemals gegessen hatte. Während sie damals amüsiert zugesehen hatte, wie er die letzten Reste der Mascarpone-Creme von seiner Gabel leckte, sagte sie:
»Ich finde, das ganze Leben geht durch den Magen.«
Für solche Sätze hatte er sie noch mehr geliebt.
Das ganze Leben geht durch den Magen. Robert wusste nicht, warum ihm das jetzt auf einmal in den Sinn kam. Er wollte nicht länger darüber nachdenken, weil es ihm nicht gut tat, sich zu erinnern. Hastig schaltete er den Fernseher an und konzentrierte sich ganz darauf, den Einstieg in einen Krimi zu finden, der schon eine Weile lief.

Fortsetzung folgt …

Pizza Salami – 3

zum 1. Teil

In dieser Woche würde Robert nicht verreisen, sondern zuhause bleiben. Er hatte nicht den Mut gefunden, eine Reise zu buchen. Daher kaufte er am Freitag, seinem letzten Arbeitstag, nicht nur eine Pizza Salami und eine Pizza Thunfisch, sondern jeweils zwei von jeder Sorte. Außerdem kamen noch eine Pizza Hawaii, eine Vier Jahreszeiten und eine Spinatpizza mit Feta dazu. Langsam schob Robert seinen Einkaufswagen durch die Gänge zum Brotregal, wo er zum ersten Mal an diesem Tag aus dem Tritt kam. Das Golden Buttertoast, das er immer kaufte, war aus. Nun hatte er die Wahl zwischen Vollkorntoast oder American Sandwich-Toast, dessen Scheiben sehr weiß und sehr groß waren. Robert zögerte. Unsicher griff er nach einer Packung Vollkorntoast, doch das sah wahnsinnig gesund aus. Robert legte die Packung zurück.
»Robert Krämer?«
Eine Frauenstimme, die von links kam, riss ihn aus seinen Überlegungen. Als Robert irritiert den Kopf drehte, sah er neben seinem Einkaufswagen einen anderen Wagen stehen und dahinter die blonde Karin aus der Buchhaltung.
»Hallo«, sagte Robert unsicher, weil ihm Karins Nachname nicht mehr einfiel. Karin musterte ausgiebig seine Einkäufe:
»Kriegen Sie Besuch?«, fragte sie.
»Warum?«
»Na, wegen all der Pizzen.«
Robert erfasste mit einem schnellen Blick das frische Gemüse in Karins Wagen, Tomaten, Auberginen, ein Bund Suppengrün, Zwiebeln, die neben Äpfeln, Eiern, Milch, Joghurt, Reis und Cornflakes lagen. Er schluckte. Robert stand hier mit nichts als sieben Kartons voller Tiefkühlpizza, von denen eine ekelhafter als die andere nach künstlichen Aromen und billigen Zutaten schmeckte. Dieses widerliche Fertigessen bildete die Eckpfeiler seines Urlaubs. Samstag Salami, Sonntag Thunfisch, Montag Spinat. Robert wusste nicht, was er sagen sollte.
Erneut schluckte er und murmelte fast trotzig: »Ich esse gerne Pizza«, bevor er seinen Wagen weiter schob, weg aus Karins Blickfeld.
»Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende«, rief Karin ihm hinterher. Er drehte sich noch einmal um und ihr freundliches Lächeln ermutigte ihn, zu sagen:
»Ich habe Urlaub.«
»Oh, wie schön. Dann genießen Sie Ihre freien Tage.« Karins Lächeln schien noch herzlicher zu werden. Robert spürte, wie sich etwas in ihm zusammenzog, wie ein heftiger Schmerz durch seine Brust zuckte, und er hastete ohne eine weitere Antwort davon.

Teil 4

Pizza Salami – 2

Zum 1. Teil

Freitags kaufte Robert ein. Toastbrot, Erdbeerkonfitüre und Tiefkühlpizza. Eine Pizza Salami für den Samstag und eine Pizza Thunfisch für den Sonntag. Unter der Woche nahm er sein Mittagessen in der Kantine der Firma ein, aber am Wochenende musste er sich selbst versorgen. Dann setzte er sich mit seiner Pizza vor den Fernseher und ließ sich berieseln, während er mechanisch Bissen um Bissen in den Mund schob, ohne richtig zu schmecken, was er da eigentlich aß. Jeden Mittwochabend ging Robert mit seinem Nachbarn Badminton spielen. Jeden Samstag putzte er seine Wohnung. Sonntags ging er joggen und später ins Kino.

An diesem Freitag war jedoch alles anders, denn Robert hatte eine Woche Urlaub vor sich. Diese Tage gehörten für ihn zu den schlimmsten des Jahres. Nur sein Geburtstag und Weihnachten waren noch schlimmer. Und Mariannes Geburtstag. Dabei wusste Robert nie, was ihn mehr schreckte: die freien Tage daheim zu verbringen oder mutterseelenallein zu verreisen. An fremden Orten war die Einsamkeit oft besonders unerträglich. Robert sah all die glücklichen Paare und Familien um sich herum, er sah wunderschöne Natur und kunstvolle historische Baudenkmäler und fühlte sich dabei verlorener denn je. Er verspürte das brennende Verlangen, all diese Eindrücke mit Marianne zu teilen, sich mit ihr zu freuen, mit ihr zu lachen.
Doch Marianne war nicht da. Sie hörte ihm nicht zu, sie antwortete ihm nicht, sie schenkte ihm weder ihr zauberhaftes Lächeln noch hakte sie sich bei ihm unter und sagte mit ihrer warmen, fröhlichen Stimme:
»Nun, mein Süßer, wo wollen wir denn heute essen gehen? In diesem kleinen Restaurant unten am Markt, wo sie diese umwerfende Entenbrust in Orangensauce haben?«
Spätestens jetzt musste Robert sich zwingen, nicht die Augen zu schließen, weil er sonst alles wieder vor sich gesehen hätte: die Lavendelfelder in der Provence, die gewundenen, kleinen Gassen zwischen den alten Häusern, das Restaurant am Marktplatz mit den karierten Decken auf den Tischen, die im Schatten vor dem Haus standen, Marianne, die mit sichtlichem Genuss ihre Entenbrust verspeiste, und er, Robert, der voller Zärtlichkeit ihr von der Sonne gerötetes Gesicht betrachtete und im Augenblick vollkommenen Glücks einem Impuls folgend ihre Hand ergriff und fragte:
»Marianne, möchtest du mich heiraten?«
Ihre selige Antwort, der Chef de Cuisine, der ihnen einen eisgekühlten Champagner brachte und mit ihnen anstieß, und ach, diese unfassbare Weite und Wärme in Roberts Herzen, als er Marianne küsste.

Teil 3

Pizza Salami

1.

Robert Krämer brauchte es übersichtlich. Sein ganzes Leben bestand aus Ordnungen und Strukturen. Er stand jeden Morgen um Punkt sechs auf, außer sonntags, da blieb er bis sieben im Bett. Er trank zum Frühstück einen Becher Milchkaffee und las dabei die Schlagzeilen in der Tageszeitung. Für die Artikel nahm er sich Zeit, wenn er in der S-Bahn saß, auf dem Weg ins Büro. Dort trank er den zweiten Kaffee und aß das Käsebrötchen, das er sich unterwegs gekauft hatte. Am Wochenende, wenn er zuhause frühstückte, aß er zwei Scheiben Toastbrot mit Erdbeerkonfitüre.
Robert Krämer arbeitete im Controlling einer Firma, die Kunststoffverpackungen herstellte. Er war stets der Erste und der Letzte im Büro. Dort saß ihm der dicke Horst gegenüber, ein gutmütiger Kerl, der mit ihm die Fußballergebnisse vom Wochenende diskutierte, über den Chef lästerte und ihn ermutigte, doch mal mit der blonden Karin aus der Buchhaltung auszugehen, die sei wahnsinnig nett und würde gut zu Robert passen. Robert lächelte dann jedes Mal höflich und sagte, er werde es sich überlegen. In Wahrheit machte er sich recht wenig Gedanken über Karin. Er wusste nur, dass sie seit zwei Jahren geschieden war und einen kleinen Sohn hatte, einen richtigen Bengel, den sie einmal zu einem Sommerfest in die Firma mitgebracht hatte.
Im Büro hatte Robert Ablenkung. Dort konnte er vergessen. Vergessen, wie es war, wenn einem morgens jemand das Frühstück richtete, mit selbst gebackenen Brötchen und frisch gepresstem Orangensaft, mit Käse, Wurst und Eiern. Im Büro, zwischen all seinen Zahlen und Analysen und den Kollegen, konnte er Marianne vergessen.

Fortsetzung folgt …

Beliebte Schreibfehler

Es gibt in der deutschen Rechtschreibung einige knifflige Hürden, die viele Menschen nicht richtig nehmen. Das sind diese typischen Fehler, die wir Lektoren immer wieder korrigieren – in Werbetexten ebenso wie in wissenschaftlichen Arbeiten oder Romanen. Da haben wir wohl alle an derselben Stelle in der Schule geschlafen, und die Rechtschreibreform trug noch zusätzlich zur Verwirrung bei.

Einige dieser beliebten Fehler habe ich auf der Seite einer Kollegin gefunden, verpackt mit allerlei nützlichen Tipps rund ums Schreiben. Ich werde gelegentlich mal weitere beliebte Fehler zusammentragen, denn diese Liste ist längst noch nicht vollständig.

Hühnergott

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»Muscheln habe ich nicht gesammelt«, sagte Mia, als sie zum Auto zurückkehrten. »Aber einen Stein.« Sie öffnete ihre Hand und zeigte Arthur einen kleinen, unregelmäßig geformten schwarzen Stein mit weißen Flecken und einem kleinen, runden Loch in der Mitte.
»Ah, ein Hühnergott.« Arthur schaute auf Mias flache Hand. »Ein Feuerstein mit Loch.«
»Genau.« Mia hob den Stein vor ihr Auge. »Man sagt, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen, wenn du durch das Loch schaust.«
»Tatsächlich? Das wusste ich nicht.«
Natürlich nicht, dachte Mia, Arthur merkte sich vermutlich immer nur die nüchternen Fakten, und nichts, was mit Gefühlen zu tun hatte.
»Ich schenke ihn dir.«
»Oh, danke!«
Als Arthur den Stein aus Mias Hand entgegen nahm, spürte sie die Wärme seiner Finger. Er hob den Hühnergott ebenfalls vor sein Gesicht und schaute kurz durch das kleine Loch.
»Na dann!« Arthur grinste. »Auf unsere Wünsche!«
Er ließ den Stein in seine Jackentasche gleiten.

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