Hier geht es zum 1. Teil der Fortsetzungsgeschichte
Anna taten die Füße weh. Ihre schmalen Schuhe drückten und das lange Stehen tat ihrem Rücken nicht gut. Am liebsten wäre sie gegangen. Jetzt sofort. Aber schließlich war sie ja nicht zum Spaß hier. Netzwerken, so hatte ihre Beraterin ihr stets eingebläut, war total wichtig, um neue Kunden zu gewinnen. Und die brauchte Anna dringend, sie war erst seit ein paar Monaten selbstständig, und noch lief das alles nicht so rund wie erhofft.
Der Gong ertönte, Anna suchte den Tisch, an den sie sich als nächstes stellen sollte. Eine Frau, die sie gleichgültig musterte, und drei Männer, die alle doppelt so groß wie sie waren. Anna stöhnte innerlich. Hier hatte sie keine Chance, die würden sie alle übersehen. Die Männer beherrschten sofort das Gespräch und plusterten sich voreinander und vor den Frauen auf. Kampf der Platzhirsche, dachte Anna und fühlte sich noch unwohler. Der Typ neben ihr war besonders schlimm. Ein aufgeblasener Wichtigtuer, der zu allem seinen Senf dazu gab.
Jetzt beugte er sich zu ihr. „Was machen Sie denn eigentlich?“
Sie legte den Kopf in den Nacken, um ihn ansehen zu können. Braune Augen, die sie aufmerksam musterten, dunkle Haare, mit ersten Spuren von Grau.
„Ich bin Kommunikationstrainerin“, sagte Anna und bemühte sich dabei, so souverän zu klingen wie der Mann. Hoffentlich bemerkte er das Zittern in ihrer Stimme nicht. Als er sie abwartend anstarrte, fühlte sie sich genötigt, weiter zu sprechen: „Ich schule Mitarbeiter in Unternehmen, damit sie miteinander und mit ihren Kunden besser kommunizieren können. Sie werden kaum glauben, dass es da manchmal an den allereinfachsten Dingen hapert.“
„Doch, das glaube ich sofort“, sagte der Mann. „Ich arbeite nämlich als Unternehmensberater und Coach für Führungskräfte.“
Na, das passt ja, dachte Anna, da hatte er sicher jede Menge Gelegenheit, sich zu produzieren.
Sie rang sich ein höfliches „Ach?“ ab und suchte innerlich nach einem Vorwand, um die Runde zu verlassen. Doch dieser Typ ließ nicht locker. Er stellte eine Frage nach der nächsten, und am Ende drückte er ihr seine Visitenkarte in die Hand. „Paul Stiller – Coaching, Consulting, Training.“ Anna blieb nichts anderes übrig, als ihm ihre eigene Karte zu überreichen. „Anna Winterberg – Kommunikationstraining.“
„Besten Dank“, sagte Paul Stiller und lächelte sie sehr freundlich an. „Wer weiß, was draus wird.“